Vertreter der Koalition besuchen die Gemeindepflegerin in Eltville
Kann das vom Land Hessen geförderte Projekt „Gemeindeschwester 2.0“ auch ein Modell für Taunusstein sein? Die FDP-Fraktion in der Taunussteiner Stadtverordnetenversammlung beschäftigt sich schon länger mit diesem Thema und wollte sich ein direktes Bild von der Arbeit einer Gemeindepflegerin machen.
Diese Idee stieß auch bei einigen Koalitionskollegen auf Interesse und so besuchten Vertreter der Koalition (CDU, FWG, FDP) am vergangenen Dienstag die Gemeindepflegerin, Anna Böttger und ihren Chef, Thomas Speth, den Leiter des Amtes für Soziales in Eltville.
Sie ist keine mobile Krankenpflegerin, die Medikamente verteilt und Spritzen verabreicht, wie der Begriff „Gemeindepflegerin“ vielleicht vermuten lässt. Vielmehr liegt ihre Tätigkeit in der präventiven und aufsuchenden Beratung hilfsbedürftiger älterer Menschen, mit dem Ziel, Ihnen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben zu erhalten. Sie leistet psychosoziale Unterstützung und koordiniert notwendige, weiterführende Maßnahmen. Damit soll sie dazu beitragen, dass hilfsbedürftige Senioren so lange wie möglich in ihrem vertrauten Wohnumfeld bleiben und am Leben teilnehmen können.
Anna Böttger machte ihre Tätigkeit an einem Beispiel aus ihrem Alltag deutlich: Da war eine ältere Dame, die sie nach mehreren Versuchen telefonisch erreichte und offenbar jeden Lebenswillen verloren hatte. „Das sind oft Menschen, die von selbst nie auf die Idee kämen, sich Hilfe zu holen“, so Böttger. Es gelang ihr, den im Allgäu lebenden Neffen ausfindig zu machen, der sich daraufhin zeitnah auf den Weg machte, um nach seiner Tante zu sehen. Gemeinsam mit ihm konnte Anna Böttger die Dame davon überzeugen, in ein Pflegeheim zu ziehen. Dort sei sie durch die vielen neu gewonnenen sozialen Kontakte regelrecht aufgeblüht und heute nicht mehr wieder zu erkennen.
Wenn sie das Vertrauen der Menschen einmal gewonnen habe, dann hätten diese oftmals einen großen Redebedarf, sagt Anna Böttger. Sie könne sich die Zeit nehmen, erst einmal zuzuhören und so herauszufinden, welche Schritte sinnvoll seien.
Die Gemeindepflegerin habe sich in ihrer Tätigkeit, die sie 2019 übernommen hat, einen ausgezeichneten Ruf erworben und sei aus Eltville nicht mehr wegzudenken, sagt ihr Chef, Thomas Speth. Die rund 100 Menschen, die sie im Jahr betreue, würden sonst möglicherweise durch ein Raster fallen.
Wenn die Finanzierung auch nach Auslaufen der Landesförderung von der Stadt geleistet werden kann, wäre eine Gemeindepflegerin ein echter Gewinn für Taunusstein und könnte niederschwellig und unbürokratisch eine Lücke im Versorgungssystem für unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger in Taunusstein schließen, darüber waren sich die Besucher der Taunussteiner Rathauskoalition einig.
Die FDP würde sich in diesem Falle wünschen, dass die Gemeindepflegerin dann auch Ansprechpartnerin für jüngere, plötzlich in Not geratene Menschen wäre.
„Wir hatten zum Thema Gemeindeschwester 2.0 eine große Anfrage in der Stadtverordnetenversammlung gestellt. Wir möchten die Antworten der Verwaltung zunächst abwarten und dann entscheiden, ob wir einen entsprechenden Antrag stellen wollen“, so Juliane Bremerich, Fraktionsvorsitzende der FDP in der Taunussteiner Stadtverordnetenversammlung.